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«Trotz gewichtiger Differenzen in der Europapolitik»: IHK setzt auf das Prinzip Hoffnung und unterstützt Esther Friedli – so reagieren die Freisinnigen

«Trotz gewichtiger Differenzen in der Europapolitik»: IHK setzt auf das Prinzip Hoffnung und unterstützt Esther Friedli – so reagieren die Freisinnigen

Die Industrie- und Handelskammer St.Gallen-Appenzell unterstützt im Ständeratswahlkampf Benedikt Würth – und Esther Friedli. Und das, obwohl die Toggenburgerin die von der IHK im Frühling geäusserten Erwartungen an sie nicht erfüllt hat.

Und wieder ist Wahlkampf. Wie schon im Frühling. Und wieder interessiert die Haltung grosser Verbände. Einer hat sich am Donnerstag geäussert: Die Industrie- und Handelskammer St.Gallen-Appenzell empfiehlt die beiden Bisherigen Benedikt Würth (Mitte) und Esther Friedli (SVP) zur Wahl in den Ständerat. Im Frühling hatte sie mit der Unterstützung von Friedli zunächst gezögert. Erst im zweiten Wahlgang - als es als Alternative einzig noch Barbara Gysi (SP) gab -, rang sich die IHK zu einer Wahlempfehlung für die Toggenburgerin durch. Verbunden mit der Erwartung, die SVP-Politikerin möge ihre Haltung im Europadossier ändern.

Hat sich diese Erwartung zwischenzeitlich erfüllt? Nein. Auch die IHK muss denn eingestehen: «Bei der Europapolitik bestehen weiterhin gewichtige Differenzen.» Und weiter: «Die IHK erneuert ihre Erwartung nach einer ausgewogenen und umsetzbaren Europapolitik der SVP-Programmchefin.»

«Dieses Duo entfaltet die maximale Wirkung»

Dass Friedli in der Europapolitik künftig einen weniger harten Kurs als bisher fahren wird, dafür gibt es keinerlei Anzeichen. Auch die Ansagen ihrer Partei im aktuellen Wahlkampf sind klar und deutlich: Begrenzung der Zuwanderung. Es ist schwer vorstellbar, dass die Toggenburgerin in diesem Kontext plötzlich den Marktzugang höher gewichten wird.

Doch dieser sei wichtig, hat die IHK in der Vergangenheit immer wieder betont. Und sich stets dafür eingesetzt, dass der Marktzugang zur EU erhalten bleibt. Denn die Ostschweizer Industrie sei auf Exporte angewiesen. Was treibt die Industrie- und Handelskammer an, weiter auf das Prinzip Hoffnung zu setzen?

Barrierefreie Zugänge zu den wichtigsten Handelspartnern seien für die Exportwirtschaft elementar, betont IHK-Direktor Markus Bänziger auf Anfrage. Doch die Interessen der Wirtschaft seien vielfältig. In wichtigen Positionen deckten sich die Positionen von Friedli mit jenen der IHK: bei der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, der langfristigen Energieversorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Kosten und im Kampf gegen den Anstieg der Staatsquote. Würth und Friedli seien zudem ein «gut eingespieltes Gespann», so Bänziger. «Für den Wirtschaftsstandort Ostschweiz entfaltet dieses Duo die maximale Wirkung.»

Beugt sich die IHK nicht schlicht den Machtverhältnissen im Kanton? Bänziger verneint: «Das bisherige Duo ist die beste Option, um die beiden Sitze in bürgerlicher Hand zu halten und der Ostschweiz in Bern Gewicht zu geben.»

Weshalb nicht Seger? Weshalb nicht Monstein?

Die IHK führte denn auch Hearings mit den «vier bürgerlichsten Kandidierenden» für den Ständerat. Also nicht nur mit Würth und Friedli. Eingeladen wurden auch Oskar Seger (FDP) und Andrin Monstein (GLP). Seger habe mit einem «ausgeprägten liberalen und unternehmerischen Kompass» überzeugt, Monstein stehe für die «notwendige und von der IHK mitgetragene Dekarbonisierung». Weshalb setzt die IHK nicht auf einen jungen Kandidaten - mit geringeren Differenzen zu den Kernanliegen des Wirtschaftsverbands?

«Wir haben uns für Esther Friedli und nicht gegen Oskar Seger oder Andrin Monstein entschieden», antwortet Bänziger. Er attestiert den beiden grosses Potenzial - doch: «Ihr Rucksack ist noch zu wenig gefüllt für die Kleine Kammer.» Auch wenn es um die Vernetzung in Bern und die Dossierfestigkeit gehe, kämen die beiden nicht gegen die Bisherigen an.
Wie reagiert die FDP?

Parteipräsident Raphael Frei äussert sich zurückhaltend. Es ist deutlich spürbar: Die FDP will es mit der IHK nicht verscherzen - ihre Mitglieder sind teilweise auch deren Mitglieder. Doch ein kurzer Werbespot für den eigenen Kandidaten muss dann doch noch sein: «Oskar Seger ist ein Anpacker, der die Sorgen und Herausforderungen der Unternehmen aus erster Hand kennt.»

Beitrag aus Tagblatt

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