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SP-Stadtrat Peter Jans kann sich eine erneute Kandidatur im Herbst 2024 heute «sehr gut vorstellen»: Grüne und Mitte bereiten sich dennoch auf einen Angriff vor

SP-Stadtrat Peter Jans kann sich eine erneute Kandidatur im Herbst 2024 heute «sehr gut vorstellen»: Grüne und Mitte bereiten sich dennoch auf einen Angriff vor

Am 22. September 2024 finden in der Stadt St.Gallen Gesamterneuerungswahlen ins Stadtparlament und in den Stadtrat statt. Die Ausgangslage vor den Wahlen in die Exekutive ist spannend. SP-Stadtrat Peter Jans kann sich eine erneute Kandidatur vorstellen. Die Grünen und die Mitte evaluieren mögliche Kandidatinnen und Kandidaten. Die FDP hat mit Oskar Seger den Mann mit Perspektiven.

Vergangene Woche präsentierte die FDP des Kantons St.Gallen den 33-Jährigen Oskar Seger als ihren Ständeratskandidaten – im Wissen, dass ein Angriff auf die Bisherigen Benedikt Würth (Mitte) und Esther Friedli (SVP) ein hoffnungsloses Unterfangen ist, bezeichneten die Freisinnigen Oskar Seger als «Perspektivkandidaten». Das heisst: Die FDP will den Bauingenieur und Teilhaber eines Ingenieurbüros bekannt machen.

In der Stadt St.Gallen ist Seger bekannt. Er ist Präsident der FDP der Stadt St.Gallen. Er war bis 2021 Mitglied des Stadtparlaments, bis er in den Kantonsrat nachrückte. Dort politisiert Seger heute. Er kandidiert im Herbst auch für den Nationalrat. Eine mögliche Perspektive Segers könnte auch ein Sitz in der St.Galler Stadtregierung sein. Ein Blick zurück: Bis Ende März 2015, als Fredy Brunner zurücktrat, hatten die Freisinnigen zwei Mitglieder im fünfköpfigen Stadtrat. Bei der Ersatzwahl im Herbst 2014 unterlag FDP-Kandidatin Barbara Frei dann aber Peter Jans von der SP.

Seger und Keller wären mögliche Kandidaten

Bei den Gesamterneuerungswahlen 2020 wollten die Freisinnigen das Stadtpräsidium mit Mathias Gabathuler verteidigen, nachdem Thomas Scheitlin seinen Rücktritt angekündigt hatte. Das gelang ihnen nicht. Gabathuler unterlag der Sozialdemokratin Maria Pappa. Gabathuler schaffte immerhin den Sprung in den Stadtrat; seit Anfang 2021 steht er der Direktion Bildung und Freizeit vor. Greift die FDP im Herbst 2024 erneut an? Oskar Seger sagt, für ihn stehe ein Mandant auf nationaler Ebene im Augenblick im Vordergrund.

Ein weiterer Freisinniger der das Format zum Stadtrat hat, ist Felix Keller, der Geschäftsführer des kantonalen Gewerbeverbands St.Gallen. Keller ist Fraktionspräsident der FDP im Stadtparlament. Er ist eloquent und findet Gehör im Rat, und er ist ein über Parteigrenzen hinaus anerkannter Brückenbauer und Lösungsfinder. Keller ist 48 Jahre alt und hat lange politische Erfahrung; er ist seit 15 Jahren Mitglied des Stadtparlaments.

Die stärkste politische Kraft in der Stadt St.Gallen ist die SP. Sie stellt mit Abstand die grösste Fraktion im Stadtparlament und hält als einzige Partei zwei Sitze in der Stadtregierung.

Neben Stadtpräsidentin Maria Pappa steht ihr Parteikollege Peter Jans seit 2015 der Direktion Technische Betriebe vor. Maria Pappa wird wieder antreten, alles andere wäre eine Riesenüberraschung. Was Peter Jans macht, ist ungewiss. Er ist 63. Er liess noch offen, ob er Ende Legislatur zurücktreten oder im September 2024 noch einmal antreten wird bei den Kommunalwahlen.

Peter Jans: «Die Tätigkeit im Stadtrat und bei der Direktion Technische Betriebe gefällt mir nach wie vor sehr. Es ist eine erfüllende Aufgabe, an der Weiterentwicklung unserer Stadt mitwirken zu dürfen.» Von daher könne er sich sehr gut vorstellen, sich noch einmal zur Wahl zu stellen. «Die endgültige Entscheidung treffe ich dann aber in Absprache mit meiner Frau Anfang des nächsten Jahres», schreibt Jans aus seinen Ferien.

Jans' Wiederwahl wäre Formsache

Tritt Peter Jans noch einmal an, wird er seinen Sitz problemlos verteidigen. Verzichtet er auf eine erneute Kandidatur, wird die SP ihren zweiten Sitz mit einer anderen Kandidatin oder einem anderen Kandidaten sichern wollen.

Einer, der sich Stadtparlament in den Reihen der SP regelmässig hervortut, ist Peter Olibet. Der 47-jährige ist Heimleiter bei der Institution Hölzli, einem Wohn- und Lebensraum für Jugendliche und seit 2015 Mitglied des Stadtparlaments. Er ist Co-Präsident der SP Stadt St.Gallen. Wenn Peter Olibet im Stadtparlament spricht, wird ihm zugehört. Nach dem Rücktritt von Daniel Kehl im vergangenen Jahr ist Olibet die starke Figur innerhalb der SP-Fraktion.

Eine andere mögliche Stadtratskandidatin in den Reihen der SP wäre Bettina Surber. Die Anwältin und Präsidentin der SP-Kantonsratsfraktion will jedoch für die Kantonsregierung kandidieren. Noch ist sie nicht nominiert worden von der Kantonalpartei. Doch ihre Chancen, sich gegen Guido Etterlin aus Rorschach und Dario Sulzer aus Wil durchzusetzen, sind gut. Wird Bettina Surber nominiert, hat sie auch intakte Aussichten, in die Kantonsregierung gewählt zu werden. Ob Peter Olibet Interesse hat an einem Exekutivamt? Bislang winkte er stets ab, dem Vernehmen nach soll sich das inzwischen geändert haben.

Buschor tritt sicher wieder an, von Lüthi wird es erwartet

Die Grünliberalen sind seit 2018 mit Sonja Lüthi in der Stadtregierung vertreten. Die 42-Jährige steht der Direktion Soziales und Sicherheit vor. Auch von Sonja Lüthi wird erwartet, das sie im Herbst 2024 wieder zu den Wahlen antritt. Sie stand in jüngster Zeit in der Kritik wegen der Spitex St.Gallen AG, die in personelle und finanzielle Turbulenzen geraten war. Sonja Lüthi politisiert für die GLP seit 2015 auch im St.Galler Kantonsrat.

Neben Maria Pappa, Peter Jans (beide SP), Mathias Gabathuler (FDP) und Sonja Lüthi (GLP) ist Markus Buschor Mitglied des Stadtrats. Der Parteiunabhängige mit Jahrgang 1961 ist das amtsälteste Mitglied; er ist seit 2013 im Stadtrat. Zwei Legislaturen lang stand er der Direktion Bildung und Freizeit vor, ehe der Architekt 2021 in die Direktion Planung und Bau wechselte. Buschor erklärte schon früh, für eine vierte Amtsdauer zu kandieren. Alles andere als seine Wiederwahl wäre eine Überraschung.

Die Grünen evaluieren bereits mögliche Kandidierende

Was machen die Parteien, die derzeit nicht im Stadtrat vertreten sind? Greifen die Grünen an? «Es ist das längerfristige Ziel der städtischen Grünen, im Stadtrat vertreten zu sein und dadurch die ökologischen und sozialen Kräfte in der Exekutive zu stärken», erklärt Christian Huber, Präsident der Grünen in der Stadt St.Gallen und Stadtparlamentarier.

In den nächsten Jahren stünden in der Stadt St.Gallen sowohl aus verkehrs- und umweltpolitischer Sicht als auch aus sozialpolitischer Perspektive wichtige Weichenstellungen an, die die Grünen mitgestalten wollten – etwa das Erreichen der Klimaneutralität bis spätestens 2050, der Planungsstopp bei der Autobahnausfahrt Güterbahnhof, die Förderung einer nachhaltigen Mobilität, ein gerechterer Zentrumslastenausgleich mit dem Kanton oder die Förderung von preisgünstigem Wohnraum.

Die Grünen haben im Hinblick auf die Gesamterneuerungswahlen 2024 gemäss Huber eine Findungskommission initiiert, welche mögliche Kandidierende für ein Stadtratsamt eruiert und kontaktiert. Entscheidend für eine Kandidatur seien neben dem persönlichen Entschluss auch die Resultate der anstehenden nationalen und kantonalen Wahlen. Der Vorstand wird im Frühsommer 2024 über eine Kandidatur informieren. Ein möglicher Kandidat wäre Christian Huber; der 34-jährige Kantonsschullehrer politisiert im Stadtparlament pointiert und fällt auf.

Die Mitte will grundsätzlich zurück in den Stadtrat

Die Mitte ist seit September 2017, als CVP-Stadtrat Nino Cozzio im Amt verstarb, nicht mehr im St.Galler Stadtrat vertreten. Boris Tschirky, der Gemeindepräsident von Gaiserwald und Kantonsrat, unterlag bei der Ersatzwahl der Grünliberalen Sonja Lüthi. Die Nichtwahl Tschirkys war für die Mitte, die damals noch den Namen CVP trug, ein herber Schlag. Die ehemals stärkste politische Kraft in Kanton und Stadt St.Gallen flog nach 100 Jahren aus der Exekutive der Kantonshauptstadt.

Ob die Mitte 2024 versucht, einen Sitz im Stadtrat zurückzuerobern, ist nicht ausgeschlossen. Grundsätzlich sei man der Ansicht, die Mitte gehöre in den Stadtrat, sagt Ivo Liechti, Präsident der Mitte in der Stadt St.Gallen. Derzeit würden mögliche Kandidatinnen und Kandidaten evaluiert, sagt er, und Gespräche geführt. Innerhalb der Mitte/EVP-Fraktion sind Fraktionspräsident Patrik Angehrn und Ivo Liechti selbst gegenwärtig die auffälligsten Figuren.

Stadt St.Gallen ist ein hartes Pflaster für die SVP

Wie die Grünen war auch die SVP trotz mehrfacher Versuche noch im St.Galler Stadtrat vertreten. Die Stadt ist ein hartes Pflaster für die Volkspartei. Zuletzt scheiterte die SVP bei den Wahlen 2020 mit ihrer Fraktionspräsidentin Karin Winter-Dubs. Auch die SVP hat das Ziel, mitzuregieren in der Hauptstadt. Was sie 2024 machen wird, ist offen. Am stärksten in Erscheinung tritt derzeit Parteipräsident Donat Kuratli. Womöglich will die SVP den 45-jährigen Kantonsrat in Stellung bringen.

Sämtliche Parteien, die aktuell nicht im Stadtrat vertreten sind, halten sich im Moment noch bedeckt, ob sie zu den Wahlen in den Stadtrat antreten werden in gut einem Jahr. So richtig lanciert wird der Wahlkampf, wenn Gewissheit besteht, ob Peter Jahrs zurücktritt oder noch einmal kommt.

Beitrag aus Tagblatt

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