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Maria Pappa wird erste St.Galler Stadtpräsidentin, Mathias Gabathuler verteidigt den FDP-Sitz im Stadtrat

Maria Pappa wird erste St.Galler Stadtpräsidentin, Mathias Gabathuler verteidigt den FDP-Sitz im Stadtrat

2021, im Jahr, in dem sich die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz zum 50. Mal jährt, bekommt die Stadt St.Gallen ihre erste Stadtpräsidentin. Am Sonntag hat im Wahlrennen um die Nachfolge von Thomas Scheitlin (FDP) Maria Pappa (SP) das Rennen gemacht.

Die Kandidierenden haben es hinter sich: In den zweiten Wahlgängen für die Stadtregierung schwang am Sonntag Maria Pappa beim Stadtpräsidium mit 2632 Stimmen Vorsprung gegen Mathias Gabathuler obenaus; die SP-Frau wird erste St. Galler Stadtpräsidentin überhaupt. Gabathuler wiederum entschied das Kopf-an-Kopf-Rennen gegen Trudy Cozzio um den fünften Stadtratssitz für sich; dabei distanzierte der FDP-Mann die CVP-Frau recht deutlich mit 1855 Stimmen. Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 48,8 Prozent.

Das grosse Aufatmen herrschte gestern Sonntag auch bei den Verantwortlichen der Stadtparteien. Für sie fiel mit den zweiten Wahlgängen in die Stadtregierung der Schlussvorhang nach über anderthalb Jahren Wahlkampf: Ab Frühsommer 2019 beschäftigten sie National- und Ständeratswahlen, dann in diesem Frühling (gewählt wurde unmittelbar vor dem Lockdown) die Kantons- und Regierungsratswahlen, ab diesem Sommer die städtischen Parlaments- und Stadtratswahlen.
Pappa gegen Gabathuler, Gabathuler gegen Cozzio

Der jetzige Ausgang der zweiten Wahlgänge in die Stadtregierung hat sich im Rückblick bereits am 27. September abgezeichnet: Im Rennen ums Stadtpräsidium lag Maria Pappa damals 1679 Stimmen vor Mathias Gabathuler. Markus Buschor, der abgeschlagen auf dem dritten Platz gelandet war, verzichtete auf den zweiten Wahlgang.

Bei den Stadtratswahlen wurden Ende September die vier Bisherigen im Amt bestätigt und die erstmals Kandidierenden auf eine Ehrenrunde verwiesen: Dass Mathias Gabathuler mit dem besten Resultat der Nichtgewählten wieder antreten würde, war klar. Darauf verzichteten Karin Winter-Dubs (SVP) und Markus Müller (parteilos).

Dass die nur 938 Stimmen hinter Mathias Gabathuler platzierte Trudy Cozzio (CVP) wieder antrat, nachdem klar war, dass die Grünen keinen Kampfkandidaten für den zweiten Wahlgang stellen würden, war gleich der erste Aufreger im zweiten Wahlgang. Sie halte die Abmachung des bürgerlichen Wahlbündnisses nicht ein, wiederholten FDP und SVP bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Trudy Cozzio und ihre CVP widersprachen und wiesen die Kritik zurück.

Die Nerven lagen blank

Im zweiten Wahlgang um den Stadtrat lagen die Nerven blank. Nachdem der Kampf ums Stadtpräsidium geprägt war vom Argument einer überfälligen Frauenwahl, befürchtete die FDP nicht unbegründet, dass der Effekt auf die Stadtratswahl überspringen könnte.

Kein Wunder war «Feuer im Dach», als auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs eine anonyme Quelle den Medien interne Dokumente der Kanti am Brühl zuspielte, die zeigen sollten, dass der FDP-Kandidat nicht so führungsstark war, wie er selber hervorgehoben hatte. Die Episode, die einen positiven Kommentar in dieser Zeitung, grösste Empörung bei Parteiexponenten und viele lobende Leserbriefe für den Kandidaten auslöste, dürfte Gabathuler mehr genützt als geschadet haben.

Auch dass der FDP-Mann kurz vor Torschluss in den sozialen Medien – also öffentlich – einer Kaderfrau der Fachhochschule voll an den Karren fuhr, weil sie Pappa empfohlen hatte, schadete ihm nicht mehr. Auf blank liegende Nerven war wohl auch ein Geplänkel zum Aushang von Wahlplakaten an illegalen Orten zurückzuführen. Dabei stellte sich heraus, dass sowohl Plakate für Maria Pappa wie auch für Mathias Gabathuler von ihrer Anhängerschaft an nicht bewilligten Orten ausgehängt wurden.
Trotz Nichtwahl zwei starke Resultate für die CVP-Frau

CVP-Kandidatin Trudy Cozzio geht leer aus. Ob der Enttäuschung über die Nichtwahl kann sie mit ihren Resultaten in beiden Wahlgängen zufrieden sein: Sie ist beide Male relativ knapp hinter Mathias Gabathuler gelandet. Dass das Argument der Frauenwahl nicht so stark gespielt hat wie beim Stadtpräsidium, dürfte der Person der Kandidatin zuzuschreiben sein. Sie ist immerhin schon 62-jährig; was für eine Stadtratskandidatin ein hohes Lebensalter ist. Zudem waren ihre öffentlichen Auftritte schwächer als die der Konkurrenz. Man merkte, dass die CVP-Frau seit zehn Jahren nicht mehr in der Politik aktiv ist.

St. Galler Tagblatt

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