Aktuell

Baufachleute fordern ein realistisches Finanzierungsmodell

Baufachleute fordern ein realistisches Finanzierungsmodell

An der Ruckhalde in St.Gallen soll ein neues Quartier entstehen. Baufachleute bezweifeln jetzt aber die Machbarkeit der Idee, den Hang allein mit gemeinnützigen Wohnungen zu überbauen. Sie fordern ein gemischtes Modell auch mit konventionell finanzierten Miet- und Eigentumswohnungen. Und Autos in der neuen Siedlung.

In absehbarer Zeit soll die Ruckhalde mit Wohnungen überbaut werden. Das ist möglich, weil die Gleise der Appenzeller Bahnen (AB), die den Hang früher entzweigeschnitten haben, im Herbst 2018 im Ruckhaldetunnel verschwunden sind. Die Stadt ist seit einiger Zeit daran, die Überbauung des Hangs zwischen Oberstrasse und Riethüsli aufzugleisen.

Nicht Sprachrohr der «Baulobby», sondern aus eigenem Antrieb

Am Dienstag hat die IG Zukunft Ruckhalde ihre Ideen für den neuen Stadtteil öffentlich präsentiert. Die Interessengemeinschaft besteht aus Baufachleuten. An der Medienorientierung waren Bauingenieur und FDP-Stadtparlamentarier Oskar Seger, Immobilientreuhänder Thomas Mesmer und Architekt Thomas Egli präsent.

Die IG sei nicht das Sprachrohr der «Baulobby», man sei aus eigenem Antrieb aktiv geworden, sagte Oskar Seger am Dienstag auf eine Medienfrage. Haupttreiber hinter der Wortmeldung seien die Ideen der IG Ruckhalde. Deren Forderungen wolle man eine realistische Vision gegenüberstellen. Die Idee, den Hang allein mit gemeinnützig finanzierten Wohnungen zu überbauen, sei finanziell nämlich nicht machbar.

Die IG Ruckhalde sehe viele Punkte zur Überbauung des Hangs absolut richtig, hielt Thomas Mesmer fest. So sei die Idee durchaus richtig, dass hier Raum für neue, zukunftsgerichtete Wohn- und Arbeitsformen entstehen solle. Einiges fehle aber in der Vision der IG Ruckhalde: Hier hake die IG Zukunft Ruckhalde mit ihren Forderungen ein.
Gemischte Finanzierung, mit Autos und Gesamtwettbewerb

Für nicht realistisch hält die neue IG insbesondere die Finanzierungsform der Überbauung, wie sie die Konkurrenz vorschlägt. Bauen am Hang koste viel; es sei daher unrealistisch versuchen zu wollen, die Ruckhalde allein durch gemeinnützigen Wohnungsbau zu entwickeln. Mit diesem Konzept sei ein «Renditeversagen» programmiert. Es brauche eine gemischte Überbauung mit attraktiven Wohnangeboten für Miete und Eigentum.

Die IG Zukunft Ruckhalde erteilt auch der Forderung der IG Ruckhalde nach einer (fast) autofreien Siedlung eine Absage: Es brauche da eine «diskriminierungsfreie Erschliessung» durch die Kombination aller Verkehrsträger, ohne Verbote und auch mit dem Auto. Eine Differenz gibt es zudem beim weiteren Vorgehen: Die neue IG fordert von der Stadt eine Ausschreibung für einen Gesamtleistungswettbewerb. Die alte IG setzt auf partizipative Verfahren als Haupttreiber.
IG will Vorbildprojekt realisieren - modern, innovativ, nachhaltig

Die IG Zukunft Ruckhalde will am Hang ein attraktives Wohnangebot für Private, gemeinnützige Wohnbauträger und mit neuen Wohnformen für Familien und Pensionäre verwirklicht sehen. Hier sollten bisher auf dem städtischen Wohnungsmarkt «ungenügend adressierte» Nachfragerinnen und Nachfrager angesprochen werden.

Platz finden sollen an der Ruckhalde auch neue Arbeitsformen an der Schnittstelle zum Wohnen für Kreative und Freiberufe. Zudem soll Raum «für digitales Arbeiten und emissionsfreies urbanes Handwerk» entstehen. Weiter fordert die IG Zukunft Ruckhalde erneuerbare Energieformen, Werkstoffe, die sich gut rezyclieren lassen, sowie innovative Begrünungsformen an und auf den Bauten.

St. Galler Tagblatt vom 25.08.2020

Jetzt teilen:

Weitere Beiträge