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«Wir hätten uns ein stärkeres Bekenntnis gewünscht»: St.Galler TCS kritisiert Veloparcours-Provisorium in der Olma-Halle

«Wir hätten uns ein stärkeres Bekenntnis gewünscht»: St.Galler TCS kritisiert Veloparcours-Provisorium in der Olma-Halle

Auf vier Jahre befristet ist der Veloparcours des TCS in die Olma-Halle 3.0 gezügelt. Der Verband hält das nicht für die ideale Lösung und hätte sich vom Stadtrat eine mutigere Lösung gewünscht. Die Stadtpolizei ist mit dem neuen Standort zufrieden.

Es ist schon fast ein Ritual: Seit Jahrzehnten lernen alle Primarschüler der Stadt, aber auch jene aus umliegenden Gemeinden und dem Kanton Appenzell Innerrhoden auf einem Parcours im geschützten Rahmen, wie man sich auf dem Velo richtig im Strassenverkehr verhält. Diese Verkehrsschulungsanlage, wie der Indoor-Parcours offiziell heisst, befand sich in ihren Anfängen in einer Halle an der Steinachstrasse und zügelte später in die Olma-Halle 1.0. Weil diese im Frühjahr abgerissen wurde und bald durch eine neue Halle ersetzt wird, musste der Veloparcours zügeln.

Der neue Parcours führt durch einen Kreisel.

Neu lernen Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe in der Olma-Halle 3.0 für die Veloprüfung. Die Verantwortlichen der Olma-Messen haben sich mit der Stadt und der Ortssektion des Touring-Club Schweiz (TCS) vorerst auf eine vierjährige Nutzungsdauer geeinigt. Die ersten Kurse am neuen Ort wurden vor den Sommerferien durchgeführt. Die TCS-Regionalgruppe St.Gallen/Umgebung, die den Parcours mitfinanziert und unterstützt, ist mit dieser Übergangslösung nicht restlos glücklich – aus mehreren Gründen.
Stadtrat hat verschiedene Optionen geprüft

In einer Mitteilung äussert der Verband Kritik an der Antwort des Stadtrats auf eine Einfache Anfrage des FDP-Stadtparlamentariers Oskar Seger. Der Freisinnige wollte wissen, ob der Stadtrat bereit sei, im Rahmen einer künftigen Ortsplanung eine Fläche für eine permanente Verkehrsschulanlage auszuscheiden und zu realisieren. Der Stadtrat zeigte sich zurückhaltend. Man habe diverse Optionen geprüft. Die Abklärungen hätten aber ergeben, dass bei denkbaren Standorten das notwendige Platzvolumen nicht vorhanden sei.

Der Stadtrat führte in seiner Antwort weiter aus, dass er auch geprüft habe, ob grössere Unternehmen diesen Platz zeitweilig zur Verfügung stellen könnten. Das sei nicht der Fall gewesen. Und überhaupt: Der Stadtrat sehe keine Notwendigkeit, die Fläche in der künftigen Ortsplanung auszuscheiden. Das sei nicht gerade visionär, bemängelt Marcel Aebischer, Präsident der TCS-Regionalgruppe, auf Anfrage.

Während der Stadtrat den Ausbau des Velonetzes mit grossem Engagement vorantreibe, werde der Verkehrssicherheit augenscheinlich nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt. «Wir begrüssen diesen Ausbau ausdrücklich», sagt Aebischer. Dem TCS sei es aber ein wichtiges Anliegen, dass vor lauter Infrastrukturprojekten die Verkehrsausbildung nicht auf der Strecke bleibe.

Nun habe man zwar für vier Jahre eine Übergangslösung gefunden. Wie es danach weitergeht und ob der Parcours weiter betrieben werden kann, ist aber noch offen. Hinzu kommt die Miete: Mit 16700 Franken ist sie rund 25 Prozent teurer als noch in der Halle 1.0 – und die Mehrkosten dafür trägt der TCS.
Auch Outdoor-Lösung ist kein Thema

«Wir hätten uns ein stärkeres Bekenntnis des Stadtrats zur Verkehrsschulungsanlage gewünscht», sagt Aebischer. Hätte der Stadtrat mehr Anstrengungen unternommen, wäre es vielleicht möglich gewesen, einen geeigneten Ort für den Parcours zu finden – oder einen solchen zu schaffen.

Zwar gebe es auch Outdoor-Lösungen, für die jeweils sogar der Verkehr gesperrt werde. Das ist zum Beispiel bei der Durchführung von Veloprüfungen der Fall. Aber auch das sei in der Stadtverwaltung augenscheinlich kein Thema, das man weiter verfolgen wolle.

Stadtpolizei zieht positive Zwischenbilanz

Dionys Widmer, Mediensprecher der St.Galler Stadtpolizei, zieht nach dem Umzug des Verkehrgartens eine positive Zwischenbilanz: «Wir sind sehr zufrieden.» Die Halle sei grösser und ermögliche es daher, zusätzliche Elemente in den Parcours einzubauen. «Unter anderem wurde ein Kreisel gebaut.» Auch die Lichtverhältnisse und die Akustik seien besser als in der alten Halle 1.0.

Dass man die Anlage öfter zurückbauen muss als am alten Ort treffe zwar zu, stelle aber für die Stadtpolizei kein Problem dar, erklärt Widmer. Generell sei die Verkehrssicherheit von Schulkindern der Stadtpolizei ein wichtiges Anliegen. Und die Verkehrsschulungsanlage ein zentrales Instrument, um den Kindern schrittweise das richtige Verhalten im Verkehr beizubringen.

«So können sie sich in einer ersten Phase auf sich und ihr Velo sowie die Signale konzentrieren, ohne sich Sorgen um Autos oder vorbeifahrende Lastwagen zu machen.» Erst in einem zweiten Schritt üben die Kinder dann unter realen Bedingungen auf der Strasse – mit Mithilfe der Stadtpolizei. «An Übungsnachmittagen für die Veloprüfung stehen wir an jeder Kreuzung entlang der Strecke und greifen ein, wenn eine gefährliche Situation eintrifft.» Das sei aber für die Polizei personalintensiv.

Grundsätzlich beobachte man bei der St.Galller Stadtpolizei, dass die Fahrkünste der Schulkinder in den vergangenen 15 Jahren eher schlechter geworden seien, sagt Dionys Widmer. «Es kommt durchaus vor, dass Kinder in den Verkehrsgarten kommen, die zuvor noch nie auf einem Velo gesessen sind.» Umso wichtiger sei deshalb der Verkehrsgarten auf dem Olma-Areal: «Ohne diesen geschützten Rahmen wären diese Kinder wohl mit der Situation überfordert.»

St.Galler Tagblatt 16.07.2020

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