Die Bedürfnisse der Gastronomie und das Verhalten der Gesellschaft beim Ausgehen sind im Wandel. Aus diesem Grund haben Karin Winter-Dubs (SVP), Patrik Angehrn (die Mitte) und Gallus Hufenus (SP) im März 2023 eine Interpellation eingereicht mit dem Titel «Freinächte – Neue zeitgemässe Regelung». 48 von 63 Parlamentarierinnen und Parlamentariern haben den Vorstoss vor knapp zwei Jahren unterzeichnet.
Im Rahmen dieser Überarbeitung wurden die verschiedenen Interessengruppen einbezogen. In Absprache mit der Detailhandelsorganisation Pro City St.Gallen, der Fasnachtsgesellschaft, Gastro Stadt St.Gallen und den Interpellantinnen und Interpellanten wurden Anpassungen ausgearbeitet und in die Vernehmlassung geschickt.
Die drei Freinächte vom Schmutzigen Donnerstag bis zum Fasnachtssamstag, an dem jeweils die Ehrenfödlebürgerin oder der Ehrenfödlebürger mit der Konfettikanone in den Himmel befördert wird, werden gestrichen. Das Gleiche gilt für die Freinächte am 1. August, am Kinderfest und am 1. Mai, dem Tag der Arbeit. Beibehalten werden die Freinächte am St.Galler Fest und an Silvester; hier ändert sich nichts.
Dafür werden vier Freinächte in den Herbst verlegt: In den Restaurants in der Stadt dürfen während der Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung, der Olma, an vier Nächten Gäste bis in die Morgenstunden bewirtet werden, jeweils in den Nächten auf Samstag und auf Sonntag. Unter der Woche dürfen die Restaurants im Herbst während der Olma bis 1 Uhr geöffnet bleiben. Neu dürfen die Gastronomen während der Offa im Frühling jeweils am Freitag und am Samstag bis 3 Uhr ihre Gäste bewirten.
Während der Fasnacht müssen die Lokale in der Stadt vom Schmutzigen Donnerstag bis zum Fasnachtssamstag neu um 3 Uhr schliessen. Mit diesen Änderungen kommt der Stadtrat den Vorschlägen der Interpellanten nach.
Höchster Fasnächtler kann mit Änderungen leben
«Ich bin froh, dass der Stadtrat unsere Ideen praktisch eins zu eins umsetzt», sagt Interpellantin Karin Winter-Dubs auf Anfrage. Die Präsidentin der SVP-Fraktion im Stadtparlament kritisiert, dass der Stadtrat «sehr lange» gebraucht habe mit dem Nachtrag zum Gastwirtschaftsreglement, das seit 1996 in Kraft ist und überholt sei.
Erfreut ist Winter-Dubs auch, dass Wirte wie im Vorstoss vorgeschlagen für einzelne Anlässe ein Gesuch für eine Freinacht oder längere Öffnungszeiten einreichen dürfen und diese gemäss Stadtrat bewilligt werden können. «Wenn ein Beizer den Super Bowl, das Finale der US-amerikanischen American-Football-Profiliga, zeigen will, soll das möglich sein», sagt Karin Winter-Dubs.
Oskar Seger, der Präsident der Fasnachtsgesellschaft St.Gallen und FDP-Kantonsrat und Stadtparteipräsident, kann mit der Verschiebung der Freinächte gut leben, wie er auf Anfrage sagt.
«Wir durften uns im Vernehmlassungsverfahren äussern und fühlen uns abgeholt.» Dass die Restaurants in der heissen Phase der Fasnacht bis um 3 Uhr geöffnet sein dürfen, sei okay, sagt Seger. Das genüge vollends.
Gastro-Präsident ist zufrieden
René Rechsteiner, Wirt im «Bierfalken» in der Spisergasse und Präsident von Gastro Stadt St.Gallen, begrüsst die beantragte Revision des Gastwirtschaftsreglements ebenfalls. Dieses sei verstaubt und nicht mehr zeitgemäss, zumindest was die Freinächte angehe. Von einer Freinacht am alle drei Jahre stattfindenden Kinderfest oder am Tag der Arbeit hätten die Wirte nichts, sagt Rechsteiner. Sie seien längst obsolet.
Die Verlagerung dieser Freinächte und derjenigen der Fasnacht in den Olma-Herbst sei ganz im Sinne seiner Berufskolleginnen und -kollegen, sagt René Rechsteiner.
Auch Olma-Messen prüfen Ausdehnung
Bei den Olma-Messen begrüsse man die vorgeschlagenen Änderungen im Gastwirtschaftsreglement der Stadt St.Gallen, wie Katrin Meyerhans, Leiterin Produkte bei den Olma-Messen, auf «Tagblatt»-Anfrage ausrichten lässt.
Die Verlagerung der Freinächte mache die Olma-Zeit insgesamt attraktiver und sei eine Chance für die St.Galler Wirtinnen, Wirte und Betriebe.
Im vergangenen Oktober warteten die Olma-Messen auf dem Parkplatz, auf dem einst die legendäre Halle 7 stand, mit einem Gastro- und Unterhaltungsangebot auf. Olma-Plaza heisst die neue Partymeile. Ob auch dort die Öffnungszeiten ausgeweitet werden, ist offen, wie es heisst. Eine Ausdehnung sei aber möglich, lässt sich Katrin Meyerhans zitieren.
Das gelte auch für die «Moststube» im Parterre der Olma-Halle 5. Die «Moststube» hatte an der letztjährigen Olma von Donnerstag bis Sonntag jeweils bis 1 Uhr geöffnet und von Montag bis Mittwoch bis Mitternacht.
Einzig die Gewerkschaften sind nicht amüsiert
Es scheint, als seien alle einverstanden mit dem Nachtrag zum städtischen Gastwirtschaftsreglement, wie ihn der Stadtrat dem Stadtparlament vorschlägt. Der Schein trügt: Die Gewerkschaften sind nicht amüsiert. Denn am Tag der Arbeit, am 1. Mai, ist generell keine Freinacht mehr.
Alexandra Akeret, Sekretärin der Gewerkschaft SEV, spricht von einer Geringschätzung dieses wichtigen Tages der Arbeiterinnen und Arbeiter. Akeret ist im Organisationskomitee der 1.-Mai-Feier in St.Gallen. Sie weiss, dass in der Grabenhalle und im «Schwarzen Engel» jeweils auch bis in den Morgen des 2. Mais gefeiert worden ist in den vergangenen Jahren.Der Nachtrag zum Gastwirtschaftsreglement wird vom Stadtparlament voraussichtlich an seiner Sitzung am 25. Februar behandelt. Weil der Stadtrat damit einem Bedürfnis von 48 Interpellantinnen und Interpellanten entspricht, wird der Nachtrag wohl schlank durchgehen. Er untersteht bei einem Ja des Parlaments dem fakultativen Referendum.
Aktuell
Durchfeiern an den Olma-Wochenenden statt an der Fasnacht und am Tag der Arbeit: Der St.Galler Stadtrat revidiert das Gastwirtschaftsreglement

Der St.Galler Stadtrat will das bald 30 Jahre alte städtische Gastwirtschaftsreglement revidieren. Das Stadtparlament entscheidet am 25. Februar über eine neue Regelung mit Freinächten. Auslöserin ist eine Interpellation aus dem Jahr 2023. Fast alle sind mit den Neuerungen einverstanden. Nur die Gewerkschaften sind nicht amüsiert.