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St.Galler Stimmvolk soll über Finanzhilfe für Kantonshauptstadt und erweiterte Ladenöffnungszeiten entscheiden

St.Galler Stimmvolk soll über Finanzhilfe für Kantonshauptstadt und erweiterte Ladenöffnungszeiten entscheiden

Bei den Schlussabstimmungen am Mittwoch sind Ratsreferenden so gut wie beschlossen: Die SVP will den zusätzlichen Lastenausgleich für die Stadt St.Gallen, SP-Grüne und Mitte-EVP wollen die erweiterten Ladenöffnungszeiten vors Volk bringen.

Kein Diskussionsbedarf bei den zweiten Lesungen, aber verhärtete Fronten, die einen Volksentscheid erzwingen: Am Montag war dies zum Auftakt der Wintersession im St.Galler Kantonsrat gleich zweimal der Fall – einerseits beim V. Nachtrag zum Finanzausgleichsgesetz, andererseits beim III. Nachtrag zum Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung. Für beide umstrittenen Vorlagen ist am Mittwoch bei den Schlussabstimmungen das Ratsreferendum angekündigt.

Die SVP ist weiterhin gewillt, die St.Galler Stadtregierung mit ihrer «verschwenderischen linken Politik auf den Boden der Realität zu holen», wie Fraktionschef Sascha Schmid betonte. Zwar unterstützte kein einziges Ratsmitglied ausserhalb der SVP den Rückkommensantrag – bis auf vier Enthaltungen aus der Mitte-EVP-Fraktion gab es für das Ansinnen keine Sympathiebekundungen. Auch nicht von der FDP, die den Streichungsantrag für den entsprechenden Artikel in der ersten Lesung noch mehrheitlich unterstützt hatte.

«Einzahlung in ein Fass ohne Boden»

In markigen Worten wiederholte SVP-Sprecher Schmid die Argumente seiner Partei gegen die Erhöhung des Zentrumslastenausgleichs für die Stadt St.Gallen von jährlich 3,7 Millionen Franken für die nächsten vier Jahre. Nachdem dieser Posten 2017 von 12 auf 16 Millionen erhöht und seither der Teuerung angepasst worden ist, sei ein zusätzlicher Zustupf nicht zu verantworten. Schmid kritisierte erneut die von der Stadt in Auftrag gegebene Ecoplan-Studie, die den Zentrumsnutzen nicht berücksichtigt habe. Sprich: die «gut bezahlten Arbeitsplätze» und anderen Vorteile, die Unternehmen wie Raiffeisen, Helvetia, St.Galler Kantonalbank, SAK oder Abraxas und öffentliche Einrichtungen wie Universität, Gerichte, Kantonsspital oder Theater der Stadt brächten.

Der Kanton könne sich die zusätzliche Unterstützung für die Stadt aufgrund eines drohenden Defizits von über 300 Millionen Franken «schlicht nicht leisten», meinte Schmid. Er wetterte gegen eine «links-grüne Ausgabenpolitik», beispielsweise für Tempo-30-Zonen mit «Luxusbauten teurer Designer statt zweckmässigen Möbeln» oder fürs «kostenlose Beratungsangebot für mehr Biodiversität in Privatgärten». Dies würden «Steuerzahler im ganzen Kanton» nicht goutieren. Statt den Spardruck auf die Stadt zu erhöhen, sei die zusätzliche Finanzhilfe «eine Einzahlung in ein Fass ohne Boden», so der SVP-Fraktionschef. «Wir sollten nicht überrascht sein, wenn die Stadt auch 2028 noch finanzielle Probleme hat.»

«Bedenkliche Arroganz gegenüber Rolle der Stadt»

Die SVP stimmte geschlossen für ihren Antrag – alle 42 Ratsmitglieder inklusive des einzigen Stadtsanktgaller Vertreters Donat Kuratli. Aber sie blieb allein. Namens der FDP erinnerte Oskar Seger daran, dass die Stadt ursprünglich deutlich mehr gefordert hatte. Monika Scherrer (die Mitte) betonte, dass es um eine «einmalige Vitaminspritze» gehe. Und SP-Grüne-GLP-Fraktionschef Dario Sulzer sprach von einer «bedenklichen Arroganz gegenüber der Rolle der Stadt für den ganzen Kanton». Die SVP sei «nur auf Konfrontation» aus und spiele Stadt und Land gegeneinander aus: «Da geht etwas kaputt. Wenn das Schule macht, wird es Folgen haben, auch für Leuchtturmprojekte in anderen Regionen wie Wil-West.»

Für die SVP gebe es keinen Grund, auf das Ratsreferendum zu verzichten, meint Sascha Schmid auf Nachfrage. «Wir haben zahlreiche positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung und auch aus anderen Parteien erhalten, wo Unmut besteht.» Im Hinblick auf den Abstimmungskampf scheint die Stossrichtung klar: Die Stadt St.Gallen müsse «ihre Finanzen selbst in den Griff bekommen», so Schmid, wie es andere Städte wie Buchs und Wil ohne Sonderlastenausgleich für Zentrumslasten auch müssten. Ein möglicher Slogan ist parat: «Keine Extrawurst für die Stadt St.Gallen, 21 Millionen pro Jahr sind zu viel.»

«Ladenöffnungen gehören vors Volk»

Ohne Rückkommensantrag passierte der Nachtrag zum Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung die zweite Lesung. Das Ratsreferendum ist indes auch hier bereits beschlossene Sache: Die SP-Grüne-Fraktion wird es im Sinn der Gewerkschaften, der Personalverbände sowie der Mehrheit des Gewerbeverbandes ergreifen, die eine Liberalisierung um drei Stunden bis täglich 22 Uhr vehement ablehnen. Dafür darf sie mit der Mitte-EVP rechnen, nicht aber mit der GLP.

Eine Gruppe von FDP- und Mitte-Kantonsräten ist sich hernach in der Rauchpause einig: «Ladenöffnungen gehören als gesellschaftliche Frage vors Volk», derweil eine Volksabstimmung über die städtischen Zentrumslasten das Verhältnis zwischen Stadt und Land vergifte und die Stimmung im Kanton belaste. Sollten die beiden Ratsreferenden zustande kommen, könnten die Volksabstimmungen zu den Vorlagen bereits Ende Mai stattfinden. Laut Auskunft der Parlamentsdienste beschliesst die Regierung an ihrer Dienstagssitzung nach der Session die Abstimmungstermine und ob diese am gleichen Tag stattfinden. Mögliche Termine für kantonale Volksabstimmungen im Jahr 2025 sind 18. Mai, 28. September oder 30. November.

Beitrag aus Tagblatt

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