Nachdem das St.Galler Stimmbüro am Montag die am Wahl- und Abstimmungssonntag verkündeten Stadtparlamentsresultate korrigieren musste, brach ein Mediensturm über St.Gallen aus. Die Rede war von einem «Fiasko» oder von «Schluderei». Am Dienstag trat der Präsident des Stimmbüros, Andreas Vögeli, zurück. Der Stadtrat leitet nun eine externe Aufarbeitung ein, deren Resultate im Dezember oder Januar zu erwarten seien.
Im TVO-Talk «Zur Sache» diskutierten am Dienstagabend drei Parteipräsidenten sowie die Stadtpräsidentin darüber, wie das Vertrauen wiederhergestellt werden kann und ob die personellen Konsequenzen angemessen waren.
Jetzt muss sauber aufgearbeitet werden
Oskar Seger, Präsident der städtischen FDP, berichtete vom persönlichen Schaden der Kandidierenden, welche die Wahl in Stadtparlament dann doch nicht geschafft haben: «Die letzten 48 Stunden waren sehr schwierig für uns.» Nicht nur die emotionale Achterbahnfahrt habe den Betroffenen zugesetzt: «Auch so ungewollt in den Fokus der nationalen Medien zu geraten, war nicht einfach.»
Es brauche nun dringend vertrauensbildende Massnahmen. «Wir wollen eine saubere Aufarbeitung aller Fehler und Schwachstellen des Vorgehens. Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch sind, können wir uns den Konsequenzen widmen.» Seger wunderte sich, dass Excel in der Stadt benutzt werde, «wo doch andere Städte spezielle Voting-Programme verwenden».
Zum Rücktritt Vögelis wollte er sich nicht äussern. Er frage sich jedoch, ob das vom Stimmbüro angekündigte Acht-Augen-Prinzip besser werde als jenes mit vier Augen: «Wenn man die Verantwortung noch weiter aufteilt, dann denkt am Ende jeder, der andere macht’s.»
«Ich bedaure Vögelis Rücktritt sehr»
Stadtpräsidentin Maria Pappa sagte: «Wir mussten den Resultaten noch nie misstrauen.» Der Kontrollmechanismus habe auch diesmal gegriffen. «Was gefehlt hat, war die Plausibilitätsfrage.» Ausgerechnet bei diesen Wahlen seien eine Person mit über dreissig Jahren Erfahrung nicht mehr im Stimmbüro und dafür zwei neue Mitglieder dabei gewesen. Donat Kuratli, Präsident der SVP Stadt St.Gallen, hatte zuvor nach dem politischen Verständnis im Stimmbüro gefragt. «Generell ist für fundierte politische Erfahrung gesorgt.»
Sie bedauere Vögelis Rücktritt: «Er hat gute und zuverlässige Arbeit geleistet und bewiesen, dass er mein vollstes Vertrauen verdient hat. Er hat seinen Fehler selbst bemerkt und gemeldet.» Transparenz und die Möglichkeit, Fehler zu korrigieren, seien schliesslich die Stärke einer Demokratie. Auf Segers Frage bezüglich Excel antwortete Pappa: «In St.Gallen wird auch das Voting-Programm benutzt, Excel kam nur in einem Zwischenschritt zur Anwendung.»
«Vertrauen in die Medien verloren»
Peter Olibet, Co-Präsident der städtischen SP, zeigte sich weniger enttäuscht vom demokratischen Ergebnis als vielmehr von der Arbeit der Medien: «Das Stimmbüro hat schnell reagiert. Ich fand den Mediendiskurs problematischer.» Es sei bedenklich, dass namentlich auch das «Tagblatt» auf den Mann gespielt und eine Entschuldigung gefordert habe. «Der demokratische Vertrauensverlust mag Realität sein, ich habe jedoch eher das Vertrauen in die Medien verloren.» Er verstehe den Schaden der FDP, aber betone gleichzeitig die politische Botschaft des Stimmvolkes hinter dem Sitzverlust der Freisinnigen.
SVP-Präsident Donat Kuratli betonte die Wichtigkeit der externen Aufarbeitung, gab jedoch zu bedenken: «Der Stadtrat muss jetzt die richtigen Fragen stellen, die Experten jedes Detail überprüfen lassen und gut kommunizieren.» Er fürchte, dass sonst ein «matchentscheidendes Puzzleteil» übersehen werden könnte.
Aktuell
«Jetzt muss der Stadtrat die richtigen Fragen stellen»: Das war der TVO-Talk zum St.Galler Wahldebakel
Wie weiter nach dem falsch verkündeten Resultat der Stadtparlamentswahlen und dem Rücktritt des Präsidenten des Stimmbüros? Die Stadtpräsidentin und Vertreter von SP, FDP und SVP legen im TVO-Talk ihre Erwartungen an die externe Aufarbeitung dar.