Die Stadt St. Gallen hat einen der höchsten Steuerfüsse im Kanton St. Gallen. Nun erhält die Stadt vorübergehend höhere Zahlungen aus dem kantonalen Finanzausgleich, für den sogenannten Zentrumslastenausgleich.
St. Gallen: Finanzielle Schieflage hat sich verschlechtert
Das stösst nicht bei allen auf Gegenliebe. Selbst politische Parteien der Stadt stellen sich vehement gegen die Forderung. «Die Stadt St. Gallen lebt seit vielen Jahren über ihre Verhältnisse», sagt Donat Kuratli, Präsident der SVP Stadt St. Gallen und Kantonsrat. «Solange die Stadt weiterhin unverantwortlich Geld ausgibt, sehen wir keinen Grund, die Millionenbeträge für die Stadt zu erhöhen.»
Der jüngste Bericht zeige klar auf, dass sich die finanzielle Schieflage St. Gallens verschlechtert habe. «Trotzdem gibt die Stadt hohe Summen für Projekte aus, die in ihrer Dringlichkeit und Notwendigkeit nicht gerechtfertigt sind. Man sollte nicht noch mehr Geld in ein Loch ohne Boden werfen», sagt Kuratli.
«Links-Grün führt zu immer mehr Ausgaben»
Als Beispiele nennt Kuratli (SVP) die Planungsprobleme beim Marktplatz und Busdepot, aber auch den seiner Meinung nach unnötigen Velotunnel für acht Millionen Franken. Zusätzlich leiste sich die Stadt auch noch freiwillig Entwicklungshilfe und teure Verkehrsprojekte, die laut Kuratli für mehr Unsicherheit als Sicherheit sorgen.
Auch die FDP teilt die Auffassung: «Die Finanzlage der Stadt St. Gallen ist äusserst angespannt. Die links-grüne Politik führt dazu, dass die Stadt zunehmend gute Steuerzahler verliert und immer höhere Ausgaben getätigt werden», sagt Kantonsrat Oskar Seger, Parteipräsident der FDP Stadt St. Gallen. Auch er sieht die Entwicklungshilfe als Problem an: «Erst kürzlich verlangte das Stadtparlament beispielsweise, dass zusätzliche 500'000 Franken in die Entwicklungshilfe im Ausland fliessen sollen, obwohl dies keine kommunale Aufgabe ist.»
«Stadt muss Ausgaben in den Griff bekommen»
Die Kostenexplosion bei der inzwischen gestoppten Planung des neuen Busdepots mit mehr als 100 Millionen Franken Kosten zeige klar auf, dass die Stadt ihre Finanzen nicht im Griff habe. «Diese fehlende Sorgsamkeit steht konträr zu den kantonalen Finanzhilfen», so Seger. Die Stadt müsse künftig ihre Finanzpolitik und insbesondere ihre Ausgaben in den Griff bekommen, wenn sie weiterhin auf den Goodwill des Kantons zählen möchte.
«Wir haben eine Mehrbelastung von 36 Millionen»
Ganz anders sieht das die Stadt St. Gallen. «Mit dem kantonalen Finanzausgleich sollen Gemeinden für eine Mehrbelastung entschädigt werden», sagt Maria Pappa (SP), Stadtpräsidentin von St. Gallen. «Als Hauptstadt des Kantons trägt St. Gallen viel Verantwortung für die Infrastruktur der gesamten Region. Wir haben eine Mehrbelastung von netto 36 Millionen pro Jahr ausgewiesen.» Dies müsse auch im Finanzausgleich berücksichtigt werden.
Die Kritik im Zusammenhang mit der Erhöhung des Zentrumslastenausgleichs kann Pappa nicht nachvollziehen: «Jede Gemeinde hat ihre eigene Ausgabenpolitik und ich masse mir nicht an, die Ausgabenpolitik anderer Gemeinden zu kritisieren. Hier werden zwei Themen miteinander vermischt.»
«Entwicklungshilfe hat nichts mit Finanzausgleich zu tun»
Bezogen auf die Kritik an der durch die Stadt geleistete Entwicklungshilfe und Verkehrspolitik sagt sie: «Als Stadtpräsidentin akzeptiere ich, wenn das Stadtparlament entscheidet, Geld für die Entwicklungshilfe zu verwenden, gleichzeitig hat dies auch nichts mit dem Finanzausgleich zu tun.»
Beim kantonalen Finanzausgleich gehe es um die finanzielle Mehrbelastung der Hauptstadt zum Beispiel durch den ÖV sowie für die Infrastruktur für Sport und Kultur, von der auch die gesamte Region profitiere. «Die Stadtpolizei, die nur von der Stadt finanziert werde, schützt beispielsweise bei Fussballspielen Personen aus dem ganzen Kanton», sagt Pappa.
Aktuell
«Nicht noch mehr Geld in ein Loch ohne Boden»
Die Stadt St. Gallen steht in der Kritik: Trotz finanzieller Schieflage erhält sie mehr Geld für den Zentrumslastenausgleich.