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Überparteiliches Gegenvorschlag-Komitee setzt sich ein für längere Öffnungszeiten: «Dem ‹Lädelisterben› in der St.Galler Innenstadt entgegenwirken»

Überparteiliches Gegenvorschlag-Komitee setzt sich ein für längere Öffnungszeiten: «Dem ‹Lädelisterben› in der St.Galler Innenstadt entgegenwirken»

Am 15. Mai wird in der Stadt St.Gallen über Ladenöffnungszeiten abgestimmt. Am Mittwoch haben politische und gewerbliche Vertreter über den Gegenvorschlag informiert. Mit diesem würde alles beim Alten bleiben – lediglich der Verkaufssonntag würde aufgehoben.

Im Juni 2020 beschloss der Stadtrat im Alleingang – ohne im Parlament darüber zu diskutieren – eine Regelung für erweiterte Öffnungszeiten für Geschäfte in der Innenstadt: Unter der Woche bis 20 Uhr, am Samstag bis 18 Uhr und gegebenenfalls am Sonntag. Die SP, die Gewerkschaften sowie diverse Kirchenkreise, die sich an den Änderungen und Vorgehensweise des Stadtrats störten, sammelten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Mitte und der EVP Unterschriften. Die Initiative «Kein Sonntagsverkauf in der Stadt St.Gallen» war lanciert.

In der Folge arbeitete die vorberatende Geschäftsprüfungskommission einen Gegenvorschlag aus. Dieser würde lediglich die beschlossene Lockerung am Sonntag kippen, an den erweiterten Öffnungszeiten von Montag bis Samstag würde sich nichts ändern.

Am Mittwoch informiert das Komitee des Gegenvorschlags aus SVP, FDP, der Mitte/EVP-Fraktion sowie Gewerbe und Pro City St.Gallen im Regierungsgebäude über die bevorstehende Abstimmung. Sowohl über die Initiative wie auch den Gegenvorschlag entscheiden die Stimmberechtigten der Stadt St.Gallen am 15. Mai.
Gegenvorschlag-Komitee bemängelt «extreme Initiative»

Donat Kuratli, Kantonsrat und Präsident der SVP Stadt St.Gallen, bemängelte die nach ihm «extreme Initiative», welche angeblich Arbeitnehmende vor Ausbeutung schützen wolle.

«Mit der neuen Regelung hat sich aber nichts an der arbeitsrechtlichen Grundlage geändert, diese unterstehen nämlich dem Bundesrecht.»

Ausserdem stelle sich die Frage, so Kuratli weiter, wie Arbeitnehmende geschützt werden sollen, wenn die Läden weniger Umsatz erzielen würden, als sie sollten und könnten.
Volk hat längere Öffnungszeiten mehrmals abgelehnt, und nun?
Die Debatte um erweiterte Ladenöffnungszeiten ist keineswegs neu. Bereits dreimal kam eine solche Initiative vor das Stimmvolk des Kantons St.Gallen, dreimal lehnte das Stimmvolk längere Öffnungszeiten ab. Was sei denn nun anders? Dieses Mal stimme lediglich die Stadtbevölkerung ab, sagt Oskar Seger, Präsident der FDP Stadt St.Gallen. «Die Stadtsanktgallerinnen und Stadtsanktgaller haben andere Bedürfnisse wie etwa Menschen in Gemeinden. Die Stadt ist urbaner und schnelllebiger, deshalb erwarte ich ein Ja zum Gegenvorschlag.»

Ralph Bleuer, Präsident von Pro City St.Gallen, findet den Titel der Initiative «Kein Sonntagsverkauf in der Stadt St.Gallen» stossend.

«Einige Wählerinnen und Wähler werden nur den Übertitel lesen. Dass aber auch bei unserem Gegenvorschlag der Sonntag gekippt wird, geht völlig unter.»

Es gehe ausserdem nicht nur um den Sonntag, betont Bleuer, sondern auch um die restlichen Wochentage, die im Initiativtitel völlig ausser Acht gelassen würden.

Auch Patrik Angehrn, Präsident von Die Mitte/EVP im Stadtparlament, ist enttäuscht vom Initiativkomitee, das nach ihm nicht ganzheitlich informiere. Bei Annahme der Initiative müsste nämlich in einigen Monaten das Stadtparlament über die Öffnungszeiten entscheiden. «Unterschiedlichste Ideologien treffen aufeinander, mit ungewissem Ausgang. Monatelang besteht Unklarheit, was irgendwann gelten wird», sagt Angehrn. Der Gegenvorschlag sei hingegen sofort umsetzbar.
Längere Öffnungszeiten seien keineswegs Zwang
Gian Bazzi, Präsident Gewerbe Stadt St.Gallen, fügt an, dass man nun bereits mehr als zwei Jahre Pandemie hinter sich habe. Diese hätten nicht nur das alltägliche Leben, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung des lokalen Gewerbes massiv eingeschränkt. «Viele Unternehmen haben stark unter den Beschränkungen der letzten Jahre gelitten und benötigen nun Möglichkeiten, um wieder auf die Beine zu kommen», sagt Bazzi.

Der Gegenvorschlag mit erweiterten Öffnungszeiten biete den lokalen Geschäften eine flexible Lösung, die, wie Bazzi betont, keineswegs ein Zwang seien.

«Doch damit wird auf die Bedürfnisse des Gewerbes eingegangen und hoffentlich dem ‹Lädelisterben› in der St.Galler Innenstadt entgegengewirkt.»

Erschienen im Tagblatt

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